Über die Unzuverlässigkeit der Andenkondore

Montag, 20.10.2014

Arequipa, eine nette Stadt in den Anden auf 2350 Metern Höhe, umgeben von Vulkanspitzen. Eine Stadtbesichtigung, ein kurzer Ausflug auf einem viel zu dünnen Pferd. Mittendrin in Arequipa: eine "Stadt in der Stadt". Das Kloster Santa Catalina mit blauen und roten Innenhöfen, hier wohnten bis 1950 500 schweigende Nonnen, ohne Kontakt zur Außenwelt. Ich schweige nicht, spaziere allerdings tief versunken in die Lektüre durch die heiligen Gemäuer.

Arequipa ist auch Ausgangspunkt für eine Wanderung durch den Cañon de Colca. Hier leben die Vögel der Inka, die Andenkondore, und eigentlich war ich sicher, sie würden dringend meinen Besuch erwarten... Start ist nachts um 3, denn die riesigen Vögel nutzen den morgendlichen Aufwind, um "abzuheben". Um halb sieben sind wir, 12 Andentouristen plus Guide plus Fahrer, am Eingang des Nationalparks. Ein einfaches gutes Frühstück, dann erreichen wir den Mirador, Flugplatz der Kondore. Es geht steil runter, ein fantastischer Blick in die Schlucht. Wetter gut. Touristen mit Fotoapparaten und irren Objektiven suchen am Himmel nach den schwarz-weißen Vögeln mit 3 Metern Flügelspannweite. Dürften eigentlich nicht zu übersehen sein. Aber es kommt kein einziger vorbei geflogen. Irgendwie lustig. Da wälzen sich hunderte von Touristen (ich auch) aus der ganzen Welt nachts aus dem Bett, weil sie unbedingt in echt und ganz nah Kondore sehen wollen - und dann spielen die blöden Vögel nicht mit. Keine Dollars oder Soles der Welt können sie locken. Wahrscheinlich sitzen sie in der Ferne und starren die buntbejackten Zweibeiner an. (An dieser Stelle ein Lob auf die Blaufußtölpel. Auf sie und ihre blauen Füße war immer Verlass.)

Schön ist es aber trotzdem, in der Morgensonne, umgeben von so schöner Natur. Und der Tag hat noch einiges zu bieten. Unserer Wanderung an diesem Tag klingt harmlos: es geht 1000 Meter runter in den Cañon, Ziel ist die Oase, ein kleines grünes Paradies mit Palmen, Bananenstauden, Pool und grasenden Mulis. Zwischendurch habe ich mir einen privaten Kondor gewünscht - aber auf diese Tiere ist einfach kein Verlass. So muss ich mich mit meinem Rucksack in der brennenden Sonne selber von Schritt zu Schritt motivieren. Nach der Mittagspause geht die Kraxelei weiter, es macht Spaß und wir laufen mit indianischer Gesichtsbemalung in der Oase ein. Wunderbar! Ab halb neun ist es still in der Oase: alle schlafen, der Tag war lang und es gibt kein elektrisches Licht.

Am nächsten Morgen geht es früh um fünf weiter. Und wer eins und eins zusammenzählen kann, weiß: wer 1000 Meter hinunter steigt und an den Ausgangspunkt zurück möchte, muss auch 1000 Meter wieder hoch. Das ist das Frühsport-Programm zwischen fünf und acht... die Sonne brennt noch nicht und oben wartet ein köstliches Frühstück. Die Oase wird mit jeder Serpentine kleiner, bloß nicht nach oben schauen, es scheint nicht weniger zu werden. Doch schließlich kommen alle oben an, einige mit Unterstützung von tapferen Mulis. Juhuu! Pause, Gruppenfoto und nach dem Frühstück ein entspanntes Thermalbad unter freiem Himmel. 

Mein Fazit vom Cañon: auch ohne Kondore ein absolutes Highlight! Vielleicht fliegen sie ja bei meinem nächsten Besuch. 

 

 

indianische Kriegsbemalung  

Juhu! Geschafft! Lama-Idylle